Bioethiker sind dabei offenbar ausserordentlich kalt und rücksichtlos, wenn es darum geht, Dinge so zusammenzuschreiben, dass es ihnen passt, wohl schaffen es Autoren oder Herausgeber auch nicht, die nötige interne fachliche Kritik gegenüber den eigenen Texten aufzubringen.
So schrieb etwa Frau Dr. Katrin Grüber, Leiterin des IEMW (Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft in Berlin) [1]:
“Der Sprinter Oscar Pistorius kämpft seit Jahren darum, bei den regulären Olympischen Spielen mitlaufen zu können. Immer wieder fanden gerichtliche Auseinandersetzungen darüber statt, ob ihn die C-legs (C-Legs: mikroprozessorgesteuerte Beinprothesen der Firma Otto Bock, die nicht nur mechanisch das fehlende Bein ersetzen, sondern bei denen die Bewegung angepasst wird), die er trägt, zu einem unerlaubten Wettbewerbsvorteil im Sinne von Doping verhelfen.”
Dies ist in mehrerer Hinsicht selbstverständlich völlig falsch, und die Implikationen davon sind relativ wichtig.
1) Pistorius rennt mit Ossurprothesen, niemals mit Otto Bock;
2) Die Dinger sind Carbonfedern, sie leisten eine passive Federleistung, sie enthalten keine Elektronik, keine Kabel und keine Mikropozessoren, denn wer weit schnell rennt will auch wenig Gewicht rumschleppen;
3) Mikroprozessoren sind stromgetrieben; C-Legs benötigen Strom und erbringen im Sinne von Regelkreisen Steuerleistungen; das ist bei Oscar Pistorius’ Blades nicht so;
4) C-Legs sind mikroprozessorgesteuerte prothetische Kniegelenke für Above Knee Amputations, aber Pistorius hat seine eigenen Kniegelenke, er ist ein Below The Knee amputee, so dass Pistorius gar kein C-Leg verwenden kann, da es sich dabei um Kniegelenke (nicht um Beine, wie das Suffix “leg” suggeriert) handelt.
Weder die Behinderung von Pistorius noch die Prothesen sind in irgendeiner Weise adäquat beschrieben. Es fehlt offenbar umfassend am Sachverstand. Man darf, muss, hier also sehr kritisch sein.
Auch ist Frau Dr. Katrin Grüber offenbar sehr nachhaltig und anhaltend nicht zu einem kritischen Kommentar bereit.
- 14. Nov. 2012: “Sehr geehrter Herr Schweitzer, vielen Dank für Ihre ausführliche Kritik. Ich werde antworten, es dauert aber noch ein wenig. Mit freundlichen Grüßen, Katrin Grüber”
- 01. Aug. 2022: Auf meine Anfrage etwa 10 Jahre später, ob sie vielleicht nun doch endlich dazu Stellung nehmen wolle, “Sehr geehrter Herr Schweitzer, es tut mir leid, dass ich Ihre Anfrage bisher nicht beantwortet habe. Das wird sich leider auch nicht ändern (…) Mit freundlichen Grüßen Katrin Grüber .”
Offenbar sind in der Bioethik die Behinderten / Amputierten doch nicht wirklich so wichtig. Also, wohl überhaupt nicht. Stattdessen wird man wie hier bei Frau Dr. Katrin Grüber mit bräsig unsinnigen “Antworten” abserviert.
[Bibtex]
@book{miriam2012verbesserte,
title={Verbesserte K{\"o}rper - gutes Leben?: Bioethik, Enhancement und die Disability Studies},
author={Miriam Eilers and Gr{\"u}ber, K. and Rehmann-Sutter, C.},
isbn={9783631630655},
lccn={2013388648},
series={Praktische Philosophie kontrovers},
url={http://books.google.ch/books?id=MOOwMQEACAAJ},
year={2012},
publisher={Lang}
}