Otto Bock myoelektrischer Arm – Was ist in diesen schweineteuren Otto Bock Batterien drin? Billige NiCd-Froeschchen :) Ersatz durch 4 x AA-Akkus (NiMH, 2500 mAH)

[Article in English]

Otto Bocks myoelektrische Prothesen sind ja sicher teilweise uralte Elektrotechnik, die da zu Traumpreisen verkauft werden. Die aufladbare Batterie ist mit etwa 700 Franken ein besonders witzig[*] anmutendes Teil dieser Geschaeftsidee, erstmal vor allem eben schweineteuer. So ein Batterieding war auch bei meinen Prothesenteilen mit dabei, die ich hier habe; dabei hatte meine “original” Otto Bock-Batterie aus irgendwelchen Gruenden bereits arg an Spritzigkeit verloren.  / ([*]: Satire)

Mich interessierte nun, wie wir ohne das Wegwerfen (!) unsinniger (!) Geldsummen mein Stromversorgungsproblen loesen – und wie man schon gleich an der Uebersichts-Fotografie erkennt, haben wir das Problem also ganz gut geloest.

Hier nun ist meine “originale” Otto Bock-Batterie abgebildet (wenigstens so “original” wie “Otto Bock” ueberhaupt je wird). Diese wiederaufladbare Batterie wird offenbar fuer schlanke ca. 700 Franken angeboten, ebensoviel etwa soll auch das Aufladegeraet kosten.

Das sehe ich persoenlich deswegen als Problem, als ich selbst diese Technologie als etwas veraltet betrachte und auch, da ich Bedenken habe, fuer so wenig Gegenwert so verdammt viel Geld rauszuwerfen.

Nun koennte man sagen, da ist doch aber ein Gegenwert darin, dass diese Firma sich grosszueguge Zuwendungen als normale Gegebenheit das Alltags angewoehnt hat. Nun vielleicht, und solange das auf Gegenseitigkeit beruht, mag das noch angehen – aber dass Otto Bock das regelmaessige Wegschenken von 700 Franken (minus 10 Franken Sachwert) ja ebenfalls als unnoetig ansieht, liest man zwanglos daran ab, dass sie mir nicht andauernd aus Duderstadt 690 Franken aufs Konto ueberweisen, und solange sich hier nicht wahllos Leute melden, die konstant von Otto Bock 690 Franken ohne Gegenwert geschenkt bekommen, muessen wir ausserdem von flaechendeckendem Verhalten dieser Firma bezueglich dem Wegschenken von 690 Fr.-Betraegen ausgehen. Da ist es doch nur natuerlich, dass ich denen auch nicht einfach soviel Kohle zuwerfe!

Ja, und das ist jetzt so eine wunderbare Otto Bock Batterie. Nur was ist jetzt in der hautfarbenen Plastikwunderkiste wirklich drin? Also, wenn hier etwas harte Qualitaet hat, dann diese Plastikschachtel. So einfach lassen sich die Jungs und Maedels aus Duderstadt nicht unter die Haube kucken, was! Aber auch mit nur einer Hand ist das Ding irgendwann dann offen, “Quality for Life” sei Dank ;)

Und was sieht das muede Auge? Surprise, nichts ausser Billigakkus: fuenf aufladbare Varta 6-Volt 260mAh Nickel-Cadmium-Zellen, die ~ 1300mAh an Stromleistung generieren (Otto Bock Verkaufspreis ca. 700 Franken, Batterien selbst ca. 10 Franken) (selbst wenn Du es schaffst, fuer diese Akkus irgendwo 12 oder 25 Franken loszuwerden, ist die Differenz zu 700 Franken nennen wirs mal arg steif).

Immerhin aber ist das ein kleverer Schachzug, heutzutage doch noch NiCd-Zellen loszuwerden – die EU verbietet seit 2004 ja offenbar diese Art der Akkus ausser u.a. in Medizinalprodukten. Und gut in hautfarbenem Plastik verpackt merkt es niemand, was fuer alte Sachen aus der Serienproduktion von Varta einem da angedreht werden. Und Plastikverpackungen, die gibts bei Otto Bock gleich um die Ecke, etwa bei Otto Bock Plastics.



Die Otto Bock Prothesenhand braucht nun etwa 6V Gleichstrom. Ich dachte mir daher, dass ich dieses frech ueberteuerte eher schmalbruestige Lustigteil aus dem Technologieversteckspiel dieser Komediantentruppe in Bubenstadt (oder wie hiess das dort) durch was Richtiges ersetze – denn, Strom ist Strom ;)

Dafuer haben wir vier normale AA-Akkus (NiMH, 4 x 1,2V ~ 6 V, 2500 mAh) angeschlossen:

Ohne Zweifel laeuft die Hand jetzt zuverlaessig und schnell:

Gegenueberstellender Vergleich der Batterieversorgung mit Akkus fuer die myoelektrische Armprothese mit Teilen von Otto Bock und mit gaengigen Durchschnittsbatterien:

Batterievergleich Batterietyp total V total mAh Preis
Otto Bock 5 aufladbare Varta 6V 260 mAh Zellen, NiCd (oeh!) 6V 1300 mAh ~700 Fr.
Beiliebige Marke
4 aufladbare 1.2V, e.g. 2500-2800 mAh Zellen, NiMH oder nach Belieben 6V 2500-2800 mAh

oder was immer sonst

~12-30 Fr.

Wenn Du Otto Bock Akkus liebst, heiss und innig, weisst Du jetzt etwas besser, was es da so etwa drin haben koennte. Selbst wenn Du auf NiCd stehst – weil sie kaelterobuster sind oder warum immer – 700 Franken ist einfach kein Preis, lass Dirs gesagt sein.

Sicher ist diese Webseite etwas frech – aber mit Versicherungsgeldern derartige Abzocke zu betreiben um dann dieses Otto Bock Science Center Medizintechnik an erster Adresse am Potsdamer Platz zu bauen – das schlaegt ja wohl dem Fass vollkommen den Boden aus.

Fuer einen mit Plastikschachtel maximal etwa 30 Franken teuren Akku 60 Franken zu verlangen, das ist teuer. Fuer einen etwa 30 Franken teuren Akku 150 Franken zu verlangen, das ist echter Wucher und bereits eindeutig als prohibitives Pricing anzusehen. Fuer einen 30 Franken teuren Akku nun aber 300 Franken zu verlangen ist wirklich sehr boese. Fuer einen 30 Franken teuren Akku nun aber ganze 450 Franken aufzuschreiben, das sprengt jede Grenze der Verhaeltnismaessigkeit. Aber 700 Franken? Fuer derartiges Verhalten gibt es gar kein adaequates Wort mehr.  Das ist weit jenseits jeder Ratio. Vor allem, da man fuer diese Art Geld eine kleine Plutoniumzelle mit jahrelanger Laufzeit erwarten duerfte, zumal fuer bereits etwa 350 Franken von Toshiba mobile Brennstoffzellen zu haben sein sollen:

Aber davon sind wir sicher noch sehr weit weg. – Benoetige ich immer wieder solche Batterien, waere jedesmal ein Antrag an die Versicherung zu stellen. Nicht stets wird dieser bewilligt. Die Bewilligung ist ja gerade auch kostenabhaengig. Durch diese horrenden Kosten werde ich also in meiner fluessigen Taetigkeit erheblich behindert. Ueberhaupt macht administrativer Aerger einen wesentlichen Teil des Behindert-Seins aus und derartiges, was wir hier sehen, ist jetzt vor allem einmal Aerger. Hier nun finden wir Prothesenhersteller nicht nur als Anbieter von Hilfsmitteln, sondern in ihrer Produktepolitik als eigentliche Behinderer der Behinderten. Es ist meiner Ansicht nach wesentlich, darauf hinzuweisen, dass es auch anders geht.

Wenn ich in einer Aufsichtsbehoerde einer offentlichen Unfall- oder Krankenversicherung sitzen wuerde, und das hier sowas sehen wuerde, wuerde ich mit dunkelrotem Gesicht eine Aufsichtsbeschwerde einreichen wollen. Immerhin bekommt man ja mittlerweile fast mehr Saft aus jeder billigen Natelbatterie, und diese Dinger sind auch klein und schick, was man von der Otto Bock-Wurst nicht behaupten kann. Gesetzlich waere derartigen Herstellern vorzuschreiben, dass die Akkus mit exakten Angaben der Herstellerfirma und der Produktespezifikation der verbauten Komponenten deklariert werden.

Selbst wenn sie einem neben vielem anderen dort bei Otto Bock auch neuerdings z.B. Lithium-Ionen-Akkus anbieten, wuerde ich gerade auch dort dringend dazu raten, mir so einen Akku zunaechst von innen zeigen zu lassen, die exakte Spezifikation der verwendeten Batterien zu erfragen und dann diese Akkus als OEM-Ware moeglichst guenstig zu beziehen. Strom, wie gesagt, ist Strom.

Merke:

  • Bevor man von grossen Prothesenteile-Herstellern Dinge kauft, sollte man davon ausgehen, dass darin verborgen oder in den Massen/Ausmassen Unregelmaessigkeiten oder Billigteile versteckt sein koennten. Daher ist dem Kauf eine gruendliche Deklaration saemtlicher verbauten Komponenten vorauszusetzen und, wo dieses fehlt, sind diese Informationen durch Zerlegen einer derartigen Konstruktion beizubringen.
  • Bezueglich Funktion sind gruendliche Tests in Labor und freier Wildbahn zu fordern, ohne die eine Kostengutsprache nicht sinnvoll ist.
  • Orthopaedietechnisch sind Alternativen zu ueberteuerten Prothesenherstellern zu erarbeiten und zu testen.
  • Garantiemaessig ist seitens Gesetzgeber klar gegen eine Produktebindung gerade im Bereich der Prothetik vorzugehen. Die Firma Otto Bock schreibt als Haftungsvoraussetzung klar die Kombination ihrer Produkte untereinander vor; das fuehrt etwa dazu, dass ihr Hook (der fuer ‘robuste’ Funktion gedacht sein soll) mit Handgelenken der Firma Otto Bock kombiniert werden muss (von denen kein einziges fuer ‘robuste’ Funktion ausgelegt zu sein scheint, liest man sich die Produktezettel durch). Das hat zur Folge, dass ‘robuste Funktion’ von Otto Bocks Hook keinesfalls zu erwarten ist, sofern man die Produktekombination genau ansieht, und es hat auch zur Folge, dass man sich grundsaetzlich fragt, was diese Firma denn da ueberhaupt tut. Das ist ein Stueck weit unterhaltsam, da es irgendwo blanker Unsinn ist :) aber es ist einfach traurig und muehsam, wenn es einen selbst betrifft.

Mir ist sowas aber zur Zeit noch egal, ich bin erstmal nur hinter billigem Strom her. Daher fuer alle anderen: Hier habts Ihr es zuerst gelesen. Geniesst Eure Batterien :) Kauft AA-Akkus oder AA-Batterien soviel Ihr wollt, ladet diese nebenher auf, tragt Ersatzbatterien mit. Solche Batteriehalter gibts auch bei Conrad Elektronik.


Cite this article:
Wolf Schweitzer: swisswuff.ch - Otto Bock myoelektrischer Arm – Was ist in diesen schweineteuren Otto Bock Batterien drin? Billige NiCd-Froeschchen :) Ersatz durch 4 x AA-Akkus (NiMH, 2500 mAH); published 25/01/2010, 13:36; URL: https://www.swisswuff.ch/tech/?p=271.

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