Auf ihrer Webseite behaupten Personen von Promembro, “Wir sind die Lobby der Prothesenträger/innen und schaffen ein Schweizer Netz, das auf den Schutz der Interessen der gesamten Prothesenträger/innen spezialisiert ist: Jugendliche und Ältere, Sportler und Nichtsportler, Aktive und Rentner, Kranke und Gesunde. Wir vertreten die Anliegen unserer Mitglieder sowohl bei der Bevölkerung als auch in Politik und der Verwaltung. Die Institutionen wie Procap oder Pro Infirmis sind zu gross, um sich der kleine Zahl der Prothesenträger genügend zu widmen.” – Grundsaetzlich sind sie an einer Motion interessiert [link][link], an der Balthasar Glaettli und Roger Golay beteiligt sind.
Damit moegen diese Individuen glauben, wer immer sie seien – aber meine Interessen vertreten sie mit Sicherheit nicht. Sie sind niemals “die” Lobby. Da sie behaupten, sie schaffen “ein Netz”, das die Interessen der “gesamten” Prothesentraeger vertreten, ist die Behauptung (oben) bereits bewiesenermassen falsch. Sie vertreten mit Sicherheit meine Interessen, insbesondere diejenigen, die ich relevant finde, nicht. Dazu fehlt es erwiesenermassen an Verstaendnis, und vor allem Respekt. Vielmehr verwenden sie die laengst abgeschmackte Piraten-Metapher, um werbewirksam auf sich aufmerksam zu machen.
Das Medienecho sei gross gewesen, wird stolz mitgeteilt.
Klar, die Medien liebten Peter Pan und Captain Hook schon immer. Der Film “Hook” spielte etwa 300 Millionen USD ein. Bereits der mit einem Budget von 4 Millionen USD erstellte Film Peter Pan (1953) generierte 84 Millionen USD einnahmen. Unsinn ist also durchaus etwas, das Medien toll finden. Dass Medien etwas toll finden, war noch nie eine Qualitaetsgarantie. Und auf die Idee, dass sowas nicht alle cool finden, die auch amputiert sind, kommen Beinamputierte unter sich halt auch sonst eventuell oft nicht. Welche Gruende das wohl haben mag, darueber kann man nur spekulieren, aber es sind vermutlich auch keine besonders schoenen Gruende.
Ich wurde in der Vergangenheit bereits von irgendwelchen Idioten angefragt, ich moege doch meine Eigenkraftprothese mit Haken, diese tragend, selbst, zum ganz alten Eisen, zum Dreckskarsumpel, zum Piratenscheiss, als Captain Hook, hinstehen [link].
Wer sowas von mir will, dieses auch nur andeutet, in den Raum fuehrt, drauf abfeiert und dann meint, es gaebe Applaus, hat daneben gegriffen. Ich habe durchaus was neuwertiges an, wir haben mehrere eigene Neuentwicklungen drauf, die IV hat davon fast alles bezahlt, da passieren Dinge, von denen wissen diese Individuen noch nicht mal was.
All photos made “freely available” on web link.
Es wird bei promembro behauptet, “die Innovationen der vom Bund geförderten Forschungszentren könnten von den Versicherten nicht genutzt werden. Einerseits forschten die polytechnischen Schulen mit Bundesgeldern und entwickelten “Prothesen von morgen. Andererseits stützten sich die IV und die SUVA auf Rechtsgrundlagen, die erlauben, den Zugang zu den heutigen Technologien zu verhindern.”
Das ist natuerlich genauso voellig falsch wie die Vermutung, Piraten taugten als symbolisches Vehikel, um bewaehrte Technologien als laecherlich und schlecht darzustellen. Das ist einfach alles Hafenkaese.
Versicherungen sind in der Schweiz durchaus verpflichtet, taugliche und wirtschaftliche Prothesen auch zu bezahlen. Wie meine Erfahrung ist, tun sie das auch.
Es ist nur eine traurige Tatsache, dass fast alles, was etwa zwanzig Jahren auf dem Gebiet der Armprothesen “neu” entwickelt wurde, weder etwas taugt, funktionell, noch preislich attraktiv ist – wobei es mit zunehmender Funktionalitaet auch mehr kosten darf, aber nur, sofern da ein relativ gutes Kostennutzenverhaeltnis entsteht. Das ist bei den meisten “neuen” “bionischen” Armprothesen beispielsweise gar nicht der Fall.
So hat die IV meine selbst gebaute Kabelaufhaengung bezahlt; diese ist weder “zugelassen” oder “konform”, und ich habe auch kein “CE”-Label drauf, vielmehr habe ich sie selbst patentiert, und die Teile, die zum Bau noetig sind, sind etwa bei einem Viertel der Kosten der Teile von namhaften Herstellern, die alle technisch gesehen barer Unsinn sind dagegen; dagegen ist die servicefreie Benutzung meiner Kabelmontage, statt fuer 4-10 Tage (bis das Kabel reisst; Otto Bock-Teile), nun fuer etwa 9-12 Monate, servicefrei, unter Vollast, moeglich. Das sind Kennzahlen, die haetten andere gerne, zugegeben, haben sie aber nicht. Aber das ist kein Problem der Gesetzgebung. Es ist auch eine Tatsache, dass niemand weiss, was “selbst gebaut” heisst, und damit denken, sowas sei notwendigerweise schlecht. Das Handgelenk, ebenfalls von uns selbst gebaut, bezahlt mir mit etwa 5000 CHF auch die IV, wobei anstelle dieses unseres Handgelenk ansonsten ein Otto Bock Teil waere, das wir fuer 700 Franken im Jahr viermal ersetzen wuerden, was auf 5 Jahre statt 5000 CHF dann etwa 14 000 CHF kosten wuerde, wobei ich davon jetzt eins schon etwa zwoelf Jahre trage, ohne dass es dem was ausmacht, so dass auch klar ist, dass die hier durch Eigenbau erreichte massiv bessere Funktion (unser Ding ist auch wackelfrei) und massiv guenstigere langfristigen Kosten kein Widerspruch sein muessen. Aber wer sich nicht auskennt, der meint, wir wuerden da dumme Dinge tun. Das stimmt halt nicht: die technischen Fachleute, von denen sie gerne haetten, dass sie bei den Prothesenbauern arbeiten wuerden, sind vielleicht auch wir. Der Schulteranker, ein Passteil fuer 3000 CHF, der ebenso aus meinem Wunsch heraus am Balgrist entwickelt wurde, verhindert Plexuslaesionen an meinem Plexus brachialis, wo es durch die konventionelle Figure-9 Harness (Otto Bock, “high tech”, eher nicht) zu Ausfallserscheinungen gekommen war. Unsere Entwicklung, die wir von Anfang an der IV verrechneten, behebt das Problem vollstaendig – und auch das ist ein gutes Geschaeft fuer die IV, ein gutes Geschaeft fuer mich. Arbeit kann weiter gehen. Saemtliche Antraege und Teile wurden von der IV und der SHAB mit Argusaugen begutachtet und bewertet, kritisch besprochen und dann bewilligt. Die Behauptung, dass die IV daher nicht an vorderster Front mit Neuerungen mitmachen wuerde, die noch nicht mal Marktzulassung haben, ist damit einfach falsch. Wir bauen fortgeschrittene mechanische Hightech, die Funktion steigert und gleichzeitig Kosten senkt, und zwar heftig – und die Leute bei der IV waren begeistert, nicht dagegen. Wenn man den Beweisgrund fuer eine bestimmte Prothese der Versicherung so klar macht, dass sie den Mehrwert auch versteht, wird sie zumeist einwilligen, so meine Erfahrung.
Gegen die nachfolgend aufgezaehlten Probleme muessen wir auch einen Schutz haben: vor allzu hoffnungsfrohen, potentiellen, fehlgeleiteten Anwendern, die nicht wissen, wie wenig auch moderne Technologie immer wieder leistet; vor Firmen oder Spinoffs, die die Hoffnung von Amputierten schamlos ausnutzen und die zwar besser bauen koennten, es aber nicht tun.
Die aktuelle Gesetzgebung schuetzt eher vor dem groessten Unfug.
Wie wenig fuer Anwender mit Erfolgsraten, die anwendungsrelevant sind, auf der Entwicklungsseite wirklich getan wird, sieht man anschaulich etwa an der beklagenswerten Geschichte des Cybathlon 2016, der in vieler Hinsicht ein Augenoeffner war [link]. Wer hingeht, und Prothesentraeger wie mich ins Zwielicht der Piratensymbolik rueckt, sagt damit auch viel ueber sich selbst aus, und was er von moderner Prothetik weiss und versteht: denn dazu benoetigt es ein geruetteltes Mass an frecher, arroganter Ignoranz. Gewonnen hat den Cybathlon 2016 dann am Ende ein kabelzuggesteuerter Greifer, wie ihn sich alle – Captain Hook, die Individuen hinter promembro, die Macher des Cybathlon 2016, das Schweizer Fernsehen sogar vielleicht – wohl gewuenscht haetten, es aber nicht zu sagen vermochten.